Der Enkel von Konrad Adenauer, Stephan Werhahn, verläßt die Freien Wähler und wird wieder Mitglied der CDU in Baden-Württemberg. Werhahn sagte: „Ich habe mir diesen Schritt nicht leicht gemacht, ich konnte aber die aktuellen Entwicklungen in der Partei nicht mehr mit gutem Gewissen mittragen.“ Der Schritt ist auf jeden Fall auch aus persönlichen Gründen interessant: Der Adenauer-Enkel war im Herbst 2012 mit großem Getöse aus der CDU ausgetreten, weil er die Euro-Rettungspolitik nicht mehr mittragen wollte.
Damals sagte Werhahn, dass das traditionelle Parteien-Spektrum die Gründungsidee Europas verrate, wie sie Adenauer, Schumann und de Gaspari vorgeschwebt sei. Der ESM sei unzulässig, weil er zu einer zwangsweisen Vergemeinschaftung der Schulden führe. Deutschland und seine Politiker müssten dafür sorgen, dass Europa wieder demokratischer werde (siehe Video am Ende des Artikels).
Warum der Adenauer-Enkel nicht einmal ein halbes Jahr später nun die CDU wieder als seine Heimat ansehen kann, wo die Folgen der unkontrollierten Euro-Rettung sogar für politisch Fernstehende sichtbar wird, behielt der Politiker vorerst für sich.
Schlammschlacht um Aiwanger
Während Werhahn im Herbst 2012 die Freien Wähler noch als eine „Partei der Jetzt-Zeit“ pries, sieht er sie nun als ein „Minenfeld unerledigter persönlicher Rache gegen die Parteispitze“. Er wolle sich nicht „verheizen lassen“, mit diesen Streitigkeiten sei es sinnlos, im Bundestagswahlkampf anzutreten. Werhahn war einer der Befürworter einer Allianz mit der Alternative für Deutschland gewesen. Die beiden Parteien haben bereits in Niedersachsen kandidiert und mit 1,1 Prozent ein äußerst mageres Ergebnis erzielt. Werhahn attackierte in seiner Abschieds-Email den Parteichef Hubert Aiwanger, der nicht einmal eine Diskussion zu dem Thema zugelassen hätte.
Die Freien Wähler aus dem Saarland schildern die Machtkämpfe bei den Freien Wählern, verpacken darin eine heimliche Beitritts-Erklärung bei der AfD und fordern den Rücktritt von Parteichef Aiwanger:
Adenauerenkel Stephan Werhahn hat so schnell die Flucht ergriffen, wie er gekommen ist. Er beanstandet in seiner Abschiedsmail diktatorische Führungsverhältnisse wie in Kuba. Selbst war er nicht in der Lage, sich konsequent vom neonazistischen und republikanischen Politumfeld in Düsseldorf zu distanzieren.
Hans Olaf Henkel und Ex- und Neu-CDUler Werhahn wurden allein und eigenmächtig ohne Votum der Basis von Aiwangers Gnaden zu plötzlichen Lichtgestalten der FREIE WÄHLER. Es fehlte jeder Bezug zu den Grundpositionen der Freie Wähler. Spitzenkandidat Werhahn hat es auf Grund des undemokratischen, eigenmächtigen und unprofessionellen Führungsstils Aiwangers noch nicht einmal bis zur Nominierung geschafft.
Zu viel Zeit und Engagement verschwendet Aiwanger im gnadenlosen Kampf gegen innerparteiliche Kritiker bis in den kleinsten Ortsverband. Nicht einmal ansatzweise sind die organisatorischen und finanziellen Grundlagen für einen Bundestagswahlkampf geregelt.
Prof. Bernd Lucke von der Alternative für Deutschland hat diese Führungsdefizite und charakterlichen Schwächen von Aiwanger schnell erkannt. Konsequent hat er den Weg einer eigenen bürgerlichen und demokratischen Partei beschritten. Führungskader wie der Landesvorsitzende Berlin, der den Parteitag in Berlin organisieren sollte, haben das sinkende Schiff der FREIE WÄHLER Bundestagswahlkandidatur verlassen. Andere sind auf dem Sprung.
Wenn Aiwanger nicht durch Niederlegung seiner Ämter und Verzicht auf Kandidaturen den Weg für eine Rückbesinnung auf die Grundtugenden der FREIE WÄHLER von Demokratie, Seriosität, Verlässlichkeit, Ehrlichkeit und Bürgerverantwortung frei macht, ist das Schicksal der FREIE WÄHLER besiegelt.
Der Politikberater von Stephan Werhahn und neue amtierende Landesvorsitzende Frank-Christian Hansel in Berlin warnt Aiwanger in einem aktuellen Lagebericht. Nordrhein-Westfalen fordert den Verzicht auf eine Bundestagswahlteilnahme. „Hubert muss weg!“ ist die Forderung des Landesvorstandes Saarland. Andernfalls sind die FREIE WÄHLER deutschlandweit politisch tot und Hubert Aiwanger geht mit seiner soliden Pensionsberechtigung aus dem Bayerischen Landtag als Totengräber der FREIE WÄHLER in die Geschichte ein.
Bei den Freien Wählern brodelt es schon länger. Erst vor kurzem hatte der Hamburger Ökonomie-Professor Jörn Kruse seinen Abgang bekanntgegeben. Kruse wechselt mit einer Gruppe von sieben weiteren Freien Wählern zur Alternative für Deutschland (AfD). Kruse ist unter anderem eng mit der Lobby-Vereinigung „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ verbunden. Unter anderem schreibt er auf dem Blog der ISNM. Die ISNM wird vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall finanziert und hat sich in den vergangenen Jahren dadurch ausgezeichnet, mit großem Geschick ihre politischen Inhalte in den redaktionellen Teilen großer Zeitungen zu platzieren.
Die Freien Wähler waren bisher nur in Bayern tätig – dort jedoch sehr erfolgreich. Sie schafften den Einzug im Jahr 2008 mit 10,2 Prozent. Die Partei ist stark kommunal orientiert, von ihr fühlen sich vor allem bürgerliche Kreise und Selbständige angezogen. Durch die Fusion mehrerer Landesverbände muss die Partei für die Bundestagswahl im September keine Unterschriften von Unterstützern aufbringen, weil sie im Landtag in München vertreten ist.
Offenbar sind die Bayern jedoch wild entschlossen, diesen erheblichen strategischen Vorteil gegenüber der AfD zugunsten einer bärigen Selbstzerfleischungs-Wut aufzugeben.