Im vergangenen Jahr stuften sich 8,4 Prozent der Amerikaner als Unterschicht ein. Das ist mehr als jemals zuvor, seit die Erhebung vor vier Jahrzehnten startete. Über Jahrzehnte betrachteten sich die meisten Amerikaner als Teil der Mittelschicht oder der Arbeiterklasse. Selbst während früherer Rezessionen, zählten sich so wenige Menschen zur Unterschicht, dass die Forscher sie meist mit zur Arbeiterklasse zählten.
Der Begriff „Unterschicht“ werde heute nicht mehr abwertend verstanden, zitiert die Los Angeles Times Michaelann Bewsee, Mitgründerin einer Interessengruppe für Geringverdiener. Der Begriff bedeute nicht, dass man unter anderen stehe, sondern lediglich, dass man weniger Einkommen habe. Und dies sei eine wirtschaftliche Realität.
Die Arbeitslosigkeit in den USA ist seit Ausbruch der Krise sprunghaft angestiegen. Millionen Häuser wurden beschlagnahmt. Millionen US-Bürger rutschten in die Armut. Das US-Landwirtschaftsministerium meldete eine Rekordzahl von Haushalten, die mitunter nicht ausreichend Essen auf dem Tisch haben.
Weniger als 55 Prozent der Amerikaner sagten: „Menschen wie ich und meine Familie haben eine gute Chance, unseren Lebensstandard zu verbessern.“ Das sind so wenige wie niemals zuvor seit Beginn der Umfrage im Jahr 1987. Mehr als 4 Millionen Arbeitslose Amerikaner sind bereits länger als sechs Monate ohne Arbeit – mehr als jemals zuvor.
Zwar sind es vor allem Arbeitslose, die sich der Unterschicht zuordnen. Doch in den letzten Jahren sagten dies auch immer mehr zumindest Teilzeitbeschäftigte. Die Zahl der schlecht bezahlten Teilzeitjobs ist in den letzten Jahren massiv gestiegen.
Doch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten allein können die Zunahme der Menschen nicht erklären, die sich selbst als Unterschicht betrachten. Denn auch 1983 und 1993 waren die Armutsraten ähnlich hoch wie heute.
Was die Leute heute dazu veranlasst, sich als Unterschicht zu betrachten, ist die sich öffnende Schere zwischen Arm und Reich. Im vergangenen Jahr, verdienten 10 Prozent der Amerikaner mehr als die Hälfte des Einkommens, sagt eine aktuelle Studie der University of California, Berkeley. Das ist der größte Anteil seit fast 100 Jahren.