Deutschland

EZB-Direktor Jörg Asmussen wird Staatsekretär im Sozial-Ministerium

Lesezeit: 2 min
15.12.2013 17:37
Jörg Asmussen wird als Staatssekretär in das Bundesarbeitsministerium wechseln. Die designierte Ministerin Andrea Nahles bestätigt den Jobwechsel des bisherigen EZB-Direktors. Asmussen dürfte sich in der neuen Position auf eine weitreichende Karriere in der SPD vorbereiten - mit dem Ziel, demnächst Wolfgang Schäuble als Finanzminister zu beerben.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

EZB-Direktor Jörg Asmussen wechselt als Staatssekretär in das Bundesarbeitsministerium. Die designierte Ministerin Andrea Nahles sagte Reuters: „Ich freue mich sehr, dass Jörg Asmussen beamteter Staatssekretär werden wird und seinen großen Erfahrungsschatz aus bisheriger exekutiver Arbeit mit vollem Einsatz in diesem zentralen Ministerium einbringen will.“ Grund für den Wechsel sei ausschließlich der Wunsch, Beruf und Familienleben besser miteinander vereinbaren zu können, beteuerte Asmussen in einer am Sonntag verbreiteten Erklärung. Bundeskanzlerin Angela Merkel erhob umgehend Anspruch auf einen deutschen Nachfolger im EZB-Direktorium.

"Deutschland wird eine Nachbesetzung machen", kündigte Merkel am Abend in Berlin an. Wer auf Asmussen folgen solle, werde nun in der neuen Koalition besprochen, sagte die Kanzlerin. Sie freue sich, dass Asmussen nun seinen Sachverstand in die Arbeit der künftigen Bundesregierung einbringen werde.

EZB-Präsident Mario Draghi erklärte, Asmussen sei in den vergangenen beiden Jahren eine enorme Hilfe bei der Gestaltung der Geldpolitik gewesen und habe auch weitere Herausforderungen erfolgreich gemeistert. "Ich werde ihn auch persönlich vermissen", erklärte Draghi.

In der neuen Bundesregierung dürfte Asmussen jedoch eine weit größere Rolle spielen als bloß die Nummer 2 hinter Andrea Nahles.

Es ist zu erwarten, dass die Ernennung Asmussens weitreichende strategische Bedeutung hat: Asmussen hatte als Staatssekretär im Finanzministerium im Hintergrund gewirkt. Er ist als Lobbyist für exotische Wertpapiere ABS aufgetreten (hier) und hat den Verkauf der Hochtief an einen spanisches Konsortium überwacht (hier). Bei der IKB war er ebenfalls als Aufseher tätig, ehe die Bank im Zuge der Finanzkrise und wegen hochriskanter Geschäfte als eine der ersten das Zeitliche segnete.

In der EZB war er für das Krisenmanagement zuständig.

Wenn Asmussen nun ins Sozialministerium wechselt, deutet das darauf hin, dass sich die neue Ministerin jemand holen will, der Experte bei Finanzprodukten ist. Gut möglich, dass Asmussen seine Bank-Erfahrungen in das Ministerium einbringen wird. Das Sozialministerium hat den größten Etat - da könnten sich eine Möglichkeiten der Hebelung (leverage) ergeben.

Asmussen dürfte sich in dieser Funktion jedoch vor allem auf sein großes Ziel vorbereiten: Er ist aus der Sicht vieler der perfekte Finanzminister. Auch Angela Merkel schätzt ihn außerordentlich. Sie hätte ihn jetzt schon gerne als Schäuble-Nachfolger gehabt, doch Schäuble wollte nicht gehen - und die SPD lehnte Asmussen ab.

Doch Schäuble ist auch nicht mehr der Jüngste: Es ist daher eine perfekte Variante, dass sich Asmussen im Sozialministerium warmläuft - um dann aus der Regierung heraus auf den begehrten Posten zu wechseln.

Asmussen ist in der SPD sehr umstritten. Es gilt vielen traditionellen Sozialdemokraten als Banker ohne soziale Ader. Im Ministerium für Arbeit und Soziales kann Asmussen nun etwas mehr SPD-Stallgeruch bekommen.

Die Person Asmussen könnte der Grund sein, warum die SPD-Führung die Namen um jeden Preis geheimhalten wollte: Sigmar Gabriel hatte offenbar die Sorge, dass sich eine Diskussion um Asmussen entzündet, die die Zustimmung der SPD zum Koalitionsvertrag gefährdet.

Gabriel und Merkel haben es nun geschafft, ihren Hoffnungsträger unauffällig in die Regierung zu befördern.

Jörg Asmussen wird seine Förderer ganz gewiss nicht enttäuschen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft US-Regierung: Google muss Chrome-Browser verkaufen
23.11.2024

Die US-Regierung will vor Gericht durchsetzen, dass Google sich vom weltweit meistbenutzten Webbrowser Chrome trennen muss. Das...

DWN
Panorama
Panorama Corona-Maßnahmen führen zur Ausrottung eines Grippe-Stamms: Umstellung auf Dreifach-Impfstoff
23.11.2024

Die Grippeschutzimpfung hat sich für die aktuelle Saison verändert: Statt eines Vierfach-Impfstoffs wird nun ein Dreifach-Impfstoff...

DWN
Politik
Politik Tiefpunkt der Brandenburger Politik: Ministerin entlassen - Minister tritt zurück
23.11.2024

Machtprobe im Streit um die Klinikreform: Regierungschef Dietmar Woidke entlässt in der Bundesratssitzung die grüne Gesundheitsministerin...

DWN
Politik
Politik Rocketman: Putin kündigt Serienproduktion neuer Mittelstreckenwaffe an
23.11.2024

Der Westen verurteilt den Einsatz der neuen russischen Mittelstreckenrakete gegen die Ukraine als neuerliche Eskalation - Moskau feiert...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung vor Engpässen: DRV fordert Maßnahmen zur Stabilisierung
23.11.2024

Die Deutsche Rentenversicherung warnt vor einer möglichen Finanzierungslücke bis 2027. Trotz stabiler Einnahmen erfordert die Rentenkasse...

DWN
Politik
Politik Streit ums liebe Geld: UN-Klimagipfel geht in die Verlängerung
22.11.2024

Milliarden für den Klimaschutz – doch wie weit sind die Staaten wirklich bereit zu gehen? Auf der UN-Klimakonferenz in Baku entbrannte...

DWN
Politik
Politik Netanjahu Haftbefehl: Deutschland und die rechtliche Zwickmühle
22.11.2024

Der Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu erschüttert die internationale Bühne. Deutschland sieht sich in einem schwierigen Spagat:...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch kürzt 5.550 Stellen - 3.800 davon in Deutschland
22.11.2024

Bosch steht vor massiven Einschnitten: Bis zu 5.550 Stellen sollen wegfallen, davon allein 3.800 in Deutschland. Die Krise in der...