Politik

Ratzinger übergibt Geheim-Bericht über Vatikan-Bank an Franziskus

Beim ersten Zusammentreffen zweier Päpste haben sich Benedikt XVI. und sein Nachfolger Franziskus über den künftigen Kurs der Katholischen Kirche unterhalten. Dabei könnten auch die Finanzskandale der Kirche ein Thema gewesen sein. Der neue Papst muss die Probleme, an denen Ratzinger gescheitert ist, lösen. Mit dem Fokus auf die Armut ist er da schon einmal auf dem richtigen Pfad.
24.03.2013 03:02
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Erstmals seit 600 Jahren ist es am Samstag zur Begegnung von zwei Päpsten der Katholischen Kirche gekommen. Der neue, Franziskus, besuchte den Papst i.R., Benedikt XVI. Über den Verlauf der Unterredung gab es offiziell keine Verlautbarungen.

Möglicherweise haben jedoch auch die Finanz-Skandale um die Vatikan-Bank eine Rolle gespielt: Joseph Ratzinger hatte Franziskus den Geheimbericht übergeben, den drei betagte Kardinäle über das Problem der Vatikan-Bank (IOR) verfasst hatten.

Ratzinger war wegen der Macht-Kämpfe in der Kurie und der Finanz-Skandale zurückgetreten (hier). Er hatte jedoch offensichtlich wenig Lust, das Problem wirklich anzupacken.

Sein Nachfolger muss nun den Bericht bewerten und Konsequenzen daraus ziehen. Es ist durchaus möglich, dass er radikalere Schnitte als sein Vorgänger setzen wird. Ratzinger hatte zwar versucht, mehr Transparenz in die Vatikan-Bank zu bringen, war jedoch am Widerstand der Kurie, insbesondere des Kardinal-Staatssekretärs Tarcisio Bertone, gescheitert.

Die Befürchtung von Hans Küng, Ratzinger könnte künftig als eine Art „Schattenpapst“ im Hintergrund die Fäden ziehen, ist allerdings unbegründet: Der Besuch war eine höfliche Geste eines höfliches Papstes, Denn anderes als Ratzinger, der aus der reichen Kirche Deutschlands kommt, hat Franziskus die Realität der Armut in Lateinamerika erlebt.

Der neue Papst aus Argentinien hat daher die Armut als Programm der Kirche postuliert. Er folgt damit ausdrücklich den Ideen des Radikal-Reformers Franz von Assisi (hier). Und er meint damit, anders als Ratzinger, der beispielsweise den Hermelin wieder aus der vatikanische Garderobe hervorgekramt hat: Die Kirche muss arm sein, damit sie die Armen versteht und wirkungsvoll beitragen kann, die Armut zu bekämpfen. Almosen allein reichen nicht, die lateinamerikanische Kirche steht auch für den strukturellen Wandel in politischen Systemen.

Denn die Kirche in Lateinamerika ist seit vielen Jahrzehnten mit dem Problem von Massenarmut konfrontiert. Der Theologe Leonardo Boff hat eine eigene Theologie daraus entwickelt, die sogenannte „Option der Armen“. Diese „Befreiungstheologie“ war von der Amtskirche stets mit Argusaugen beobachtet worden, In Rom stießen die meisten Aktivitäten auf schroffe Ablehnung. So hatte der nicaraguanische Priester Ernesto Cardenal permanent mit seinem Kirchen-Ausschluss zu kämpfen. Der Vorwurf des Vatikan gegen die Befreiungstheologie: Sie stehe dem Marxismus zu nahe.

Dies hat vor allem unter der Regentschaft von Johannes Paul II. als dem Papst aus Polen zu großen Spannungen geführt: Für Karol Wojtyla war der Kampf gegen den realen Kommunismus ein vorrangiges Ziel. Über die Vatikan-Bank wurden die Bürgerrechts-Bewegungen gestützt. Auch politische Organisationen wie die polnische Gewerkschaft Solidarnosc erhielt finanzielle Unterstützung aus Rom.

Für Jorge Bergoglio dagegen ist die Bekämpfung der Armut ein Thema jenseits der politischen Ideologie. Erstaunlicherweise hat ausgerechnet Boff dem neuen Papst ein gutes Zeugnis ausgestellt, was die Ernsthaftigkeit des Anliegens für Franziskus betrifft.

Dieser agiert zunächst mit starken symbolischen Gesten: Sein Ring ist ein gebrauchtes Schmuckstück aus vergoldetem Silber, während Ratzinger einen Ring aus echtem Gold anfertigen ließ.

Der nächste Tabu-Bruch folgt am Gründonnerstag: Papst Franziskus wird die Erinnerung an das letzte Abendmahl erstmals außerhalb der geschützten Mauern der offizillen Kirchen-Gebäuden feiern: Er geht zu der Messe in ein Jugend-Gefängnis am Stadtrand von Rom.

In seinen ersten Botschaften hatte Franziskus gefordert, die Kirche müsse auch selbst arm sein, um als soziale Bewegung eine Autorität zu sein. Dazu gehört der Abschied von Prunk und Pracht.

Die größte Herausforderung für den neuen Papst wird jedoch in konkreten Maßnahmen jenseits der symbolischen Gesten bestehen. Er muss in der Vatikan-Bank für Ordnung sorgen und sicherstellen, dass die Gelder der Kirche transparenter und zielgerichteter verwaltet werden als bisher.

Seine Erfahrung aus Lateinamerika dürfte ihm helfen, den richtigen Spirit für diese Mission aufzubringen. Möglichweise hilft ihm sein Hintergrund als Jesuit, auch die notwendigen Struktur-Reformen umzusetzen. Immerhin stammt der Spruch von den „sündigen Strukturen“ in der Kirche von einem Jesuiten-Kollegen – dem legendären deutschen Konzils-Theologen Karl Rahner.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Die bestbezahlten Bank-CEOs in Europa: Auf der Liste steht ein Deutscher
21.04.2025

Im Jahr 2024 war Sergio Ermotti, CEO von UBS, der bestbezahlte Bank-CEO Europas mit einem Gesamteinkommen von 15,6 Millionen Euro. Auf der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ukraine-Krieg: Frieden zwischen Ukraine und Russland kann neue Aktienrallye in Europa auslösen
20.04.2025

Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas leidet in besonderem Maße unter den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs. Hohe...

DWN
Politik
Politik Was sich im Mai ändert: Neue Namensregeln, schärferer Biomüll-Kurs und Abschied von Skype
20.04.2025

Im Mai 2025 kommen wichtige Änderungen auf Bürger zu: Neue Nachnamensregeln für Familien, strengere Biomüll-Kontrollen, digitale...

DWN
Finanzen
Finanzen Ride Them Out: Den richtigen Moment in der Börsen-Blasen-Strategie finden
20.04.2025

Die Finanzwelt steht immer wieder vor der Frage, wie man in turbulenten Zeiten richtig handelt. Dieser Artikel beleuchtet, warum es oft...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Abschottung statt Gastfreundschaft: Trumps zweite Amtszeit trifft Amerikas Tourismusindustrie
20.04.2025

Internationale Reisende meiden die USA – Fälle willkürlicher Festnahmen an den Grenzen häufen sich. Europas Touristen ziehen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Shell: Asien als Haupttreiber des LNG-Wachstums bis 2040
20.04.2025

Shell prognostiziert einen Anstieg des globalen LNG-Verbrauchs um 60 Prozent bis 2040, vor allem getrieben durch die steigende Nachfrage in...

DWN
Politik
Politik Asien-Investor: „Jetzt beginnt Trumps Schicksalsvierteljahr“
20.04.2025

Ein schwedischer Analyst in Vietnam sieht das Weiße Haus vor einem Finanzbeben – und erkennt zugleich geopolitische Chancen für...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands Brücken sind marode – reicht eine Finanzspritze aus?
20.04.2025

Deutschlands Brücken sind in einem kritischen Zustand – ein aktuelles Beispiel ist die A100-Brücke in Berlin. Die sogenannte...