Deutschland

EZB-Fan: Schäuble saniert Haushalt auf Kosten der deutschen Sparer

Durch die Niedrigzins-Politik der EZB spart die Bundesregierung bis Mitte 2014 mehr als 100 Milliarden Euro. Doch die Gewinne des Staates sind die Verluste der Sparer, deren Guthaben vom negativen Realzins verzehrt werden.
12.06.2013 11:50
Lesezeit: 1 min

Vor allem durch die aktuelle EZB-Politik müssen Bund, Länder und Kommunen weniger Zinsen zahlen als je zuvor. Sie sparen dreistellige Milliardensummen. Doch gleichzeitig werden Sparer in Deutschland und Europa aufgrund des negativen Realzinses praktisch enteignet.

Die niedrigen Zinsen bedeuten für die Bundesregierung eine erhebliche Erleichterung. Das Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW) sagt, dass die Bundesregierung von 2009 bis heute rund 80 Milliarden Euro an Zinsen gespart hat. Bereits im laufenden Jahr könnte die Ersparnis auf über 100 Milliarden Euro ansteigen, zitiert die Welt das IfW.

Seit Ende 2008 sinken die Renditen für deutsche Staatsanleihen und liegen derzeit historisch tief. Papiere mit kurzen Laufzeiten haben mitunter sogar negative Renditen. Das heißt, die Anleger bezahlen Geld dafür, dass sie der Bundesregierung Geld leihen dürfen. Der Bund gibt jedes Jahr Staatsanleihen im Umfang von 250 bis 300 Milliarden Euro aus. Der Großteil dieser Neuschulden dient zur Refinanzierung auslaufender Schulden.

Hauptursache der extrem niedrigen Zinsen auf Bundesanleihen ist, dass die EZB den Leitzins auf einen historischen Tiefstand gesenkt hat. Zudem gelten deutsche Staatsanleihen unter Anlegern als sichere Anlage. Deshalb nehmen Investoren niedrigere Zinsen in Kauf.

Ob der Ruf des guten Schuldners Deutschland anhält, ist nicht sicher. Doch die Niedrigzinspolitik der EZB dürfte noch eine ganze Weile anhalten. Erst wenn die Krisenländer der EZB keinen Anlass mehr gäben, die Zinsen niedrig zu halten, werde sich daran etwas ändern, sagte IfW-Experte Hoysen-Borgrefe

Die Bundesregierung ist nur für rund die Hälfte aller Staatsschulden in Deutschland verantwortlich. Auch Länder und Kommunen profitieren vom niedrigen Zinsniveau, sodass auch ihre Zinslast in den vergangenen Jahren erheblich gefallen ist. Die tatsächliche Zins-Ersparnis Deutschland liegt also noch deutlich höher.

Boysen-Hogrefe sagt: „Es wäre nicht legitim, die Entlastung einfach zu verdoppeln, aber die Zinsersparnisse von Ländern und Kommunen sind doch erheblich.“ Die Entlastung des Gesamtstaats dürfte deshalb bis Mitte 2014 irgendwo zwischen 100 und 200 Milliarden Euro liegen.

Verlierer der Niedrigzins-Politik durch die EZB sind die Sparer, die in der sogenannten Realzinsfalle stecken. Das von ihnen angelegte Geld verliert stetig an Kaufkraft. Die Staaten Europas, auch Deutschland, finanzieren sich also auch auf Kosten der Sparer (mehr hier).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Immobilien: Banken vergeben deutlich mehr Kredite für Wohnimmobilien
22.05.2025

Die Immobilienpreise waren zeitweise spürbar gefallen, nun kommt der Markt wieder in Fahrt. Verbraucher und Investoren schließen deutlich...

DWN
Finanzen
Finanzen WHO verabschiedet Pandemie-Abkommen inmitten der Finanzkrise: Deutschland sagt weitere Millionen zu
22.05.2025

Der Weltgesundheitsorganisation fehlen in den kommenden zwei Jahren 1,7 Milliarden Dollar (rund 1,5 Mrd Euro), unter anderem, weil die USA...

DWN
Panorama
Panorama Einwanderungsland Deutschland: Jeder vierte Mensch hat einen Migrationshintergrund
22.05.2025

Rund 21,2 Millionen Menschen mit Einwanderungsgeschichte haben im vergangenen Jahr in Deutschland gelebt. Das sind vier Prozent mehr als im...

DWN
Politik
Politik AfD Ausschussvorsitz: Schwarz-Rot verhindert AfD-Politiker - Alle sechs AfD-Kandidatin scheitern
22.05.2025

In sechs Ausschüssen des Bundestags hat die Partei „Alternative für Deutschland“ ein Vorschlagsrecht. Wie die SPD haben CDU und CSU...

DWN
Finanzen
Finanzen Erfolgreich in Kunst investieren: Warum Gemälde, Märkte und NFTs neue Anlagechancen bieten
22.05.2025

Wenn Aktien schwanken und Märkte auf Sicht fahren, wird Kunst zur strategischen Alternative. Wie Gemälde, Sammlerstücke und digitale...

DWN
Politik
Politik Russisches Schatten-Schiff vor Polens Küste: NATO greift ein
22.05.2025

Ein russisches Schiff kreuzt verdächtig nahe eines NATO-Kabels in der Ostsee – dann greift ein Bündnisstaat ein. Was steckt hinter dem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ohne Bürokratieabbau, kein Handwerk: KMU geben Politik klare Handlungsempfehlung für Bürokratieabbau
22.05.2025

Rund 75 Arbeitstage pro Jahr verlieren Betriebe im Handwerk an produktiver Zeit durch Bürokratie. Eine Studie der Handwerkskammer Dresden...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Briefträger als Beamter? Post, Telekom, Postbank haben noch tausende verbeamtete Mitarbeiter
22.05.2025

Wer Beamter ist, arbeitet für den Staat – oder? Das stimmt zwar in den allermeisten Fällen. Doch es gibt Ausnahmen: Mancher Beamter ist...