Politik

Gen-Futter: Können aus Menschen Schweine werden?

Gentechnisch veränderter Mais und Soja führen bei Schweinen zu schweren gesundheitlichen Problemen. In einer neuen Studie vermuten Forscher aus Adelaide, dass es ähnliche Effekte auch beim Menschen geben könnte. Neben Darm-Erkrankungen leidet bei Gen-Futter auch die Fähigkeit zur Reproduktion.
29.06.2013 03:02
Lesezeit: 2 min

Ein Team aus US-amerikanischen und australischen Forschern kommt in einer aktuellen Studie zum Schluss, dass Gen-Futter zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei Schweinen führt. Dass ist vor allem deswegen bedenklich, weil das Verdauungssystem der Tiere dem menschlichen sehr ähnlich ist.

Ich befürchte, dass das, was wir bei den Schweinen gesehen haben, auch bei Menschen auftreten könnte, wenn sie Genfood essen“, sagte Judy Carman den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Die Epidemiologin vom privaten Institute for Health and Environment Research (IHER) im australischen Adelaide ist Hauptautorin der Studie.

Für die Untersuchung wurden 168 Schweine fünf Monate lang in den USA gemäß dem dort üblichen Standard gehalten und gemästet. Die Hälfte der Tiere wurde mit gentechnisch verändertem Futter aus Soja- und Maispflanzen versorgt. Diese Gen-Pflanzen sind besonders in den USA und in Südamerika weit verbreitet. Alle Futterpflanzen stammen von Saatgut des Biotechnologie-Konzerns Monsanto. Die andere Hälfte der Tiere bekam als Kontrollgruppe gentechnikfreies Futter. Am Ende wurden alle Tiere geschlachtet und von Tiermedizinern auf mögliche Gesundheitsschäden hin untersucht.

Zentrales Ergebnis: Die Fütterung von genmanipuliertem Mais und Soja kann bei weiblichen Schweinen zu Reproduktions-Problemen führen. Es wurde eine statistisch signifikante Zunahme des Gewichts der Gebärmutter bei den Sauen festgestellt, und zwar um 25 Prozent. Weiters wurde eine höhere Anfälligkeit für Magen-Darm-Erkrankungen ermittelt. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Schweine 2,6 Mal so wahrscheinlich an einer Magenentzündung leiden wie jene, die kein genverändertes Futter bekamen. Bei männlichen Tieren lag die Wahrscheinlichkeit sogar vier Mal so hoch.

Dass für die Ergebnisse auch andere Ursachen verantwortlich sein könnten, wird von Carman auf Anfrage zurückgewiesen. Die verwendete statistische Methode sei einwandfrei. Wie schon bei vielen anderen Gentechnik-kritischen Studien wurden zuvor auch in diesem Fall die zur Anwendung gekommenen wissenschaftlichen Verfahren  von anderen Forschern geradezu reflexartig angezweifelt.

Carman kritisiert ihrerseits die Art, wie die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema in aller Regel erfolgt. Die Ergebnisse der Studie wären im Rahmen der biochemischen Tests, die bei Zulassungsverfahren für genveränderte Organismen (GVOs) standardmäßig zur Anwendung kämen, nicht erkannt worden. „Die Industrie oder die Leute, die in ihrem Auftrag die Tests bei Tieren durchführen, entscheiden darüber, welche Kennwerte gemessen werden und welche Labors diese Messungen durchführen“, so die Forscherin.

Bei der Zulassung genmanipulierter Pflanzen gäbe es grobe Fehlentwicklungen. „Regulierungsbehörden sollten dazu verpflichtet werden, Langzeit-Fütterungs-Studien bei Tieren in ihrer Bewertung zu berücksichtigen. Immerhin konsumieren Milliarden von Menschen über Generationen hinweg diese Produkte“, sagte Carman weiters. Derzeit werde von den Zulassungsstellen nirgendwo auf der Welt die Durchführung ausreichender Studien verlangt.

Deshalb seien wissenschaftliche Untersuchungen über mögliche gesundheitliche Schäden durch genmanipulierte Pflanzen beim Menschen dringend notwendig. Dazu könnten Kennwerte von Menschen, die sich regelmäßig von auf GVO basierenden Lebensmitteln ernähren , jenen einer Vergleichsgruppe gegenüber gestellt werden. Bisher habe es keinerlei solche Untersuchungen gegeben, so Carman.

Andere Forscher kritisieren dagegen die Ergebnisse der Forscher. Sie seien methodisch unzulässig, sagte der Statistiker David Spiegelhalter dem DLF:

"Die Schlussfolgerungen der Studie halten einer statistischen Prüfung nicht stand. Die Autoren heben die schweren Magenentzündungen hervor, aber in den drei anderen Entzündungskategorien schneidet die Genfutter-Gruppe besser ab. Dieser selektive Fokus ist wissenschaftlich betrachtet nicht angemessen. Wenn man die Daten zu den Magenentzündungen mit geeigneten Methoden untersucht, ergibt sich kein statistisch signifikanter Zusammenhang mit dem Futtertyp."

Den Forschern wird außerdem vorgeworfen, dass sie im Auftrag eines Unternehmens tätig seien, dass sei Geld auf dem Gebiet verdient, welches die Forscher nun als besonders konsumentenfreundlich anpreisen - der gentechnikfreien Landwirtschaft.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Generation Z lehnt Führungspositionen ab – Unternehmen müssen umdenken
25.04.2025

Die Generation Z zeigt sich zunehmend unbeeindruckt von traditionellen Karrierewegen und Führungspositionen im mittleren Management. Eine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Reichster Ostdeutscher: Wie ein Unternehmer einen kleinen DDR-Betrieb zum globalen Player macht
25.04.2025

Rekord-Umsatz trotz Krisen: Der Umsatz von ORAFOL betrug im Jahr 2024 betrug 883 Millionen Euro – ein Rekordjahr trotz Wirtschaftskrise....

DWN
Politik
Politik Rentenbeiträge und Krankenkasse: Sozialabgaben werden weiter steigen
25.04.2025

Gerade bei der Rente hat die kommende Merz-Regierung ambitionierte Pläne. Doch gemeinsam mit den Krankenkassenbeiträgen droht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gold im Höhenrausch: Wenn Trump das Gold sieht, wird es gefährlich
25.04.2025

Der Goldpreis steht kurz davor, einen historischen Rekord nicht nur zu brechen, sondern ihn regelrecht zu pulverisieren. Die Feinunze Gold...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Autoindustrie unter Druck: Zollkrieg sorgt für höhere Preise und verschärften Wettbewerb
25.04.2025

Der Zollkrieg zwischen den USA und Europa könnte die Auto-Preise in den USA steigen lassen und den Wettbewerb in Europa verschärfen....

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen der Deutschen auf Rekordhoch – aber die Ungleichheit wächst mit
25.04.2025

Private Haushalte in Deutschland verfügen so viel Geld wie nie zuvor – doch profitieren längst nicht alle gleichermaßen vom...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Wendepunkt: Wirtschaftsmodell zerbricht, Polen rückt vor
25.04.2025

Deutschlands Wirtschaftsmaschinerie galt jahrzehntelang als unaufhaltsam. Doch wie Dr. Krzysztof Mazur im Gespräch mit Polityka...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China im Handelskrieg: Regierung bereitet sich auf das Schlimmste vor
25.04.2025

Chinas Führung bereitet sich inmitten des eskalierenden Handelskonflikts mit den USA auf mögliche Härtefälle vor. In einer Sitzung des...