Die umstrittene Vorratsdatenspeicherung wird reformiert. Die Richtlinie solle vereinheitlicht werden („harmonise“). Eine „neue Expertengruppe“ soll neue Leitlinien ausarbeiten und der Kommission vorlegen. „Technologien der elektronischen Kommunikation ändern sich schnell“, daher änderten sich auch die „Anforderungen an die Kontrollbehörden“, heißt es in dem EU-Dokument, das den Deutschen Wirtschafts Nachrichten vorliegt. Was dahinter steckt: Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter sollen in die Vorratsdatenspeicherung mit einbezogen werden. Das ist bislang nicht der Fall, berichtet der ORF.
Diese Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung soll ohne bestimmte Voraussetzungen auf alle Nutzer angewendet werden. Die Novelle der bereits 2006 beschlossenen EU-Richtlinie wird daher nötig, weil sich das Nutzerverhalten in den sieben Jahren grundsätzlich vom Emailverkehr auf die sozialen Netzwerke verlagert hat.
Überwachung ist empirisch nutzlos
Die offizielle Begründung der EU für den Zugriff auf die neuen Kommunikationskanäle der Bürger klingt simpel: Die neuen Technologien würden diesen Eingriff erforderlich machen, damit dem gesetzlichen Auftrag der Strafverfolgung auch weiterhin nachgekommen werden könne.
Allerdings gibt es gar keine Fundamentaldaten, die Bestätigen, dass die Vorratsdatenspeicherung jemals eine Senkung der Straftätigkeiten herbeigeführt hätte. In Deutschland sei die Aufklärungsquote sogar in den zwei Jahren gesunken, in denen es die Vorratsdatenspeicherung gegeben hat, berichtet der ORF.
Verstoß gegen Grundrechte
Außerdem müsste der gesamte Internetverkehr der Nutzer, ohne Ausnahmen, für sechs Monate gespeichert werden. Ein Vorhaben, das bereits vor Jahren geplant, wegen Verstößen gegen die Grundrechte-Charta der EU jedoch wieder verworfen wurde. Auch in Deutschland wurde die Vorratsdatenspeicherung nach zwei Jahren letztendlich als verfassungswidrig erklärt. Wegen der Verstreichung von Fristen bei der Einführung hat die EU Deutschland verklagt (mehr hier).
Die Ausweitung auf die sozialen Netzwerke ist daher ein in sich widersprüchliches Unterfangen: Die nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten werden einer Erweiterung einer EU-Richtlinie nicht zustimmen, die gegen fundamentales Recht verstößt. Und dennoch: Die neue Expertengruppe der EU arbeitet unter „professioneller Geheimhaltung“ weiter daran, heißt es in dem Dokument.
Vermutlich geht es der EU vor allem um eines: Aus Facebook und den sozialen Netzwerken kann Brüssel am besten erkennen, ob sich irgendwo eine Aufstand zusammenbraut.
Da will die EU gewappnet seit, und gibt Facebook dafür ein dickes LIKE, weil die Bürger glauben, in den sozialen Netzwerken mehr Freiheit zu haben als auf dem Bezirksamt.
Das könnte ein Irrtum sein: Das Netz kann schneller zur Schlinge um den eigenen Hals werden, als es sich manch ein redseliger Basis-Demokrat träumen kann.