Deutschland

Goldman Sachs verkauft deutsche Firmen an ausländische Investoren

Lesezeit: 2 min
25.12.2013 01:37
Die Investmentbank Goldman Sachs war bei acht der zehn größten Transaktionen beteiligt. Dabei kauften vor allem ausländische Investoren verstärkt auf dem deutschen Markt ein. Deutsche Konzerne waren dagegen bei Firmenkäufen sehr zurückhaltend.
Goldman Sachs verkauft deutsche Firmen an ausländische Investoren

Mehr zum Thema:  
Banken >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Banken  

Die US-Investmentbank Goldman Sachs schaffte es in diesem Jahr auf Platz eins der Liste der Investmentbanking-Transaktionen. Bei acht der zehn größten Firmenkäufe arbeitete Goldman Sachs entweder für den Käufer oder Verkäufer und kam somit auf 28 Transaktionen im Volumen von 64 Milliarden Dollar. Der Rivale JPMorgan sprang vom vierten auf den zweiten Rang. Die Deutsche Bank liegt in der vielbeachteten Rangliste der Investmentbanking-Transaktionen wie 2012 auf Platz drei. Ihre Banker haben an 23 Übernahmen im Volumen von 35,5 Milliarden Dollar mitgearbeitet. Morgan Stanley stürzte von der Spitzenposition auf Platz sechs ab.

„Im Investmentbanking findet in Deutschland, genau wie weltweit, ein Konzentrations-Prozess statt“, sagt Armin von Falkenhayn, Deutschland-Co-Chef des Investmentbankings bei der Deutschen Bank. Insgesamt gab es in diesem Jahr weniger, dafür aber größere Unternehmenskäufe. Die Belebung des Geschäfts mit Fusionen und Übernahmen in Deutschland macht die Investmentbanker auch für das kommende Jahr zuversichtlich.

Der Informationskonzern Thomson Reuters zählte im zu Ende gehenden Jahr mehr als 1800 Transaktionen im Volumen von 127 Milliarden Dollar (92 Milliarden Euro), an denen deutsche Firmen beteiligt waren. Das sind 13 Prozent mehr als 2012. „Der deutsche M&A-Markt hat 2013 die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllt“, sagt Ulmer. „Wir hatten große, strategisch motivierte Transaktionen, vor allem im Technologie- und Telekommunikationsmarkt. Ähnliche, auch grenzüberschreitende Übernahmen erwarte ich auch für das kommende Jahr.“

Dabei sind deutsche Unternehmen jedoch in den meisten Fällen nicht die Käufer: Während sie im Ausland nur für knapp 20 Milliarden Dollar zukauften, legten ausländische Käufer fast 92 Milliarden Dollar für heimische Firmen auf den Tisch. Der schwerste Kauf war die Übernahme von E-Plus durch den Dauer-Rivalen Telefonica (o2) für 8,3 Milliarden Euro, gefolgt von den 5,6 Milliarden, die Vodafone für Kabel Deutschland auf den Tisch legte.

Ein deutscher Zukauf im Ausland ist nicht unter den größten zehn Transaktionen. Die 3,5 Milliarden Euro schwere Fusion der Wohnimmobilienfirmen GSW und Deutsche Wohnen spielt sich innerhalb Deutschlands ab. Dass es Deutsche Wohnen gewagt habe, eigene Aktien statt Geld zu bieten, "spiegelt das gestärkte Vertrauen der Marktteilnehmer wider", sagt Jens Maurer von Morgan Stanley. Immobilienfirmen machten nach Daten von Thomson Reuters fast ein Drittel aller Transaktionen im Mittelstand aus, insgesamt fanden aber zwölf Prozent weniger deutsche Mittelständler neue Eigentümer.

„Deutschland agiert immer noch mit angezogener Handbremse“, sagt Holger Bross, der das deutsche M&A-Geschäft von Bank of America Merrill Lynch in Frankfurt leitet. Deutsche Firmen seien konservativer, was große Übernahmen angeht. „Die Sorge um die Finanzierung schwebt noch immer über den Köpfen.“ Dabei hätten sie nach Ansicht der Investmentbanker genug Geld auf der hohen Kante. „Deutsche Unternehmen haben im Durchschnitt sehr aufgeräumte Bilanzen. Sie können diese Stärke ausspielen - vor allem dann, wenn 2014 die Konjunktur wie erwartet anzieht“, sagt von Falkenhayn. Doch auch US-Firmen blieben in Deutschland auf Einkaufstour.

Einen erheblichen Anteil an den Übernahmen hatten 2013 erneut Finanzinvestoren, von denen viele die großen Brocken in den Portfolios auskehrten, bevor sie wieder neu investieren. Linklaters-Anwalt Ralph Drebes sieht die Gefahr einer Überhitzung. Für Unternehmen wie das Online-Portal Scout24 oder den Keramik-Spezialisten Ceramtec seien „unglaublich hohe Preise“ gezahlt worden. „Die Finanzinvestoren sind weiter in Kauflaune, getrieben durch das Bedürfnis, Handlungsfähigkeit zu beweisen“, sagt Drebes. „Disziplin beim Einstieg ist die größte Herausforderung für 2014.“

„Der Telekom-Sektor wird weiter auf der Agenda bleiben“, glaubt Deutsche-Bank-Fusionsexperte Berthold Fürst. „Hier gibt es auch wegen der hohen Investitionen gute Gründe für eine weitere Konsolidierung.“ Auch bei Versorgern seien Umwälzungen zu erwarten.

Relativ neu sind für Deutschland aktivistische Investoren wie Cevian oder Elliott, die sich auch bei Übernahmen aktiv einmischen. „Ihnen kommt zupass, dass es jetzt wieder die großen öffentlichen Transaktionen gibt, die sie brauchen, damit sich ihr Einsatz lohnt“, sagte Michael Ulmer, Partner der auf Übernahmen spezialisierten Anwaltskanzlei Allen & Overy. So droht die US-Investmentfirma Elliott den sechs Milliarden Euro schweren Verkauf von Celesio an McKesson zu blockieren, wenn der US-Rivale nicht mehr Geld bietet. In den USA sind solche Schlachten sehr gängig. „Der Aktivismus wird uns in Deutschland erhalten bleiben“, so Ulmer.


Mehr zum Thema:  
Banken >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Märchen vorbei? Steht Deutschlands Automobilindustrie vor dem Aus?
22.12.2024

Volkswagen in der Krise, Mercedes, BMW & Co. unter Druck – und hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel. Wie kann der Kampf um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...