Deutschland

GEZ: Hunderte Millionen für Sport-Events statt für Aufklärung

Die öffentlich-rechtlichen Sender werden hunderte Millionen an Mehreinnahmen nicht für eine bessere demokratische Kontrolle der Politik verwenden - sondern für weitere Sport-Übertragungen. Es ist völlig schleierhaft, warum der internationale Kommerz-Sport nicht eine Sache der Privatwirtschaft ist. Warum beginnen die Sender nicht endlich mit Enthüllungs-Geschichten aus der korrupten Welt des Sport-Geschäfts?
19.11.2013 19:54
Lesezeit: 2 min

ARD, ZDF und Deutschlandfunk können mit jährlichen Mehreinnahmen von 100 Millionen Euro rechnen. Diese setzten sich allein aus der neue Zwangsabgaben-Regelung zusammen.

Das ZDF bekommt davon einen jährlichen Anteil von 25 Millionen Euro. Insgesamt erreicht es damit die Rekordeinnahme von 1,7 Milliarden Euro – allein durch Rundfunkgebühren. Das berichtet das Handelsblatt, dem der ZDF-Haushaltsplan für 2014 vorliegt. Insgesamt liegt der ZDF-Etat bei knapp über 2 Milliarden Euro.

Nicht nur die Zwangsabgaben treiben das ZDF-Budget in die Höhe. Die Werbeeinnahmen werden sich ebenfalls erhöhen: Sie sollen sich nächstes Jahr auf 137,7 Millionen Euro belaufen – ein Plus um 21,1 Millionen Euro.

Grund der Steigerung: 2014 stehen wieder Mega-Sportereignisse an, für das das ZDF die Rechte hält. Dazu gehören die Olympischen Winterspiele im russischen Sotchi und die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien.

Wie wichtig diese Sport-Events sind zeigt sich im ZDF-Haushaltsplan für dieses Jahr. Dort zeigen sich die Verantwortlichen unglücklich darüber, dass 2013 keine sportlichen Großereignisse und somit schlechte Werbeeinnahmen ins Haus stehen.

Trotz Supersportjahr 2014 rechnet sich der ganze Aufwand nicht: denn für Olympische Spiele, Fußball-WM und Leichtathletik-Europameisterschaft werden im Haushaltsplan 164 Millionen Euro veranschlagt. Das übersteigt die geplanten Jahres-Werbe-Einnahmen bereits um 26,3 Millionen Euro.

Obwohl die Rechte für die nächste Fußball-WM-Qualifikation der Männer an RTL gegangen sind (mehr hier), hat das ZDF die Lust an Sportübertragungen noch lange nicht verloren. Laut Handelsblatt plant der Sender für 2014 mit Sportprogrammkosten in Höhe von 328 Millionen Euro.

So ganz genau weiß ja niemand, wozu es die mit einer staatlichen Zwangsgebühr finanzierten Sender gibt: Doch wenn man einmal unterstellt, dass es Wählerstomzähler Jörg Schönenborn (hier mit Putin) ernst meint mit seiner Demokratie-Abgabe: Warum wird nicht ein Großteil der Mittel in eisenharten, teuren investigativen Journalismus gesteckt? Die Sender haben genug gute Leute, die das machen könnten. Und es gäbe wahrlich genug aufzudecken: Gerade im Sportbereich - Sotschi, Katar, Brasilien - zeigt sich, dass es hier nicht um Köperertüchtigung oder Unterhaltung geht, sondern um ein durch und durch korruptes Business. Menschen werden ausgebeutet, die Natur wird zerstört, Gelder versickern.

Wo sind die Aufdecker-Geschichten von ARD und ZDF? Nicht die salbungsvollen Quartals-Kommentare, sondern die wirklichen Enthüllungen, die sich die Sender als einzige leisten können, weil die Zwangsgebühren erheben.

Kritische Sportjournalisten wie Jens Weinreich müssen sich als Einzelkämpfer über Wasser halten - oder werden bei den Sendern sogar vor die Tür gesetzt, wie es Weinreich beim DLF widerfahren ist.

Natürlich verleitet die Tatsache, dass die Sender die Rechte für diese fragwürdig gewordenen Veranstaltungen gekauft haben, dazu, schönfärberisch zu berichten: Die Sender sind Teil des Systems geworden - und verraten so ihren Grundsatz-Auftrag.

Die Zuseher können das Programm nicht ändern. Auch ein Boykott hilft nicht, weil die Erhebung der Quoten intransparent ist und immer manipuliert werden kann.

In vielen Ländern gab es in den vergangenen Tagen Proteste gegen die Medien (hier). Das wünschen wir den Sendern nicht.

Was wir ihnen wünschen: Eine Revolution von innen, bei der sich die Aufrechten in den Sendern erheben und den willfährigen Managern an der Spitze die Stirn bieten. Ein Ende des Duckmäusertums, das von jenen erzwungen wird, die wollen, dass ihre Sender endlich auch die Sender der Gebührenzahler werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Misserfolg bei Putins Wirtschaftsforum in St. Petersburg: Die marode Kriegswirtschaft interessiert kaum jemanden
23.06.2025

Das Wirtschaftsforum in St. Petersburg sollte Russlands wirtschaftliche Stärke demonstrieren. Stattdessen offenbarte es die dramatische...

DWN
Politik
Politik Zwangslizenzen: EU hebelt den Patentschutz im Namen der Sicherheit aus
23.06.2025

Die EU will künftig zentral über die Vergabe von Zwangslizenzen entscheiden – ein tiefer Eingriff in das Patentrecht, der die...

DWN
Technologie
Technologie Umfrage: Zwei Drittel für europäischen Atom-Schutzschirm
23.06.2025

Eine Forsa-Umfrage zeigt, dass eine deutliche Mehrheit der Deutschen den Aufbau eines europäischen nuklearen Schutzschildes befürworten....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Internationale Anleger kehren der Wall Street den Rücken
23.06.2025

Ölpreise steigen, geopolitische Risiken nehmen zu – und Europas Aktienmärkte wirken plötzlich attraktiv. Während die US-Börsen ins...

DWN
Politik
Politik Personalmangel im öffentlichen Dienst - DGB fordert mehr Personal
23.06.2025

Milliardeninvestitionen sollen in Deutschland die Konjunktur ankurbeln. Doch Personalmangel in Behörden könnte den ehrgeizigen Plänen...

DWN
Politik
Politik Iran-Israel-Krieg: Internet überflutet mit Desinformation
23.06.2025

Falsche Videos, manipulierte Bilder, inszenierte Explosionen: Der Konflikt zwischen Iran und Israel spielt sich längst auch im Netz ab –...

DWN
Politik
Politik Aus Angst vor Trump: China lässt den Iran im Stich
23.06.2025

Chinas harsche Kritik an den US-Angriffen auf Iran täuscht über Pekings wahres Kalkül hinweg. Im Hintergrund geht es um knallharte...

DWN
Politik
Politik US-Angriff auf den Iran: Die Märkte bleiben erstaunlich ruhig
23.06.2025

Trotz der Angriffe auf iranische Atomanlagen bleiben die globalen Märkte ruhig. Doch die Straße von Hormus bleibt ein geopolitischer...