Politik

Italien will Vereinigte Staaten von Europa: „Jetzt oder nie!“

In der Krise werden die Rufe nach den Vereinigten Staaten von Europa immer lauter. Die italienische Außenministerin Emma Bonino hält den Zeitpunkt für günstig, jetzt möglichst viele Kompetenzen in Brüssel zu zentralisieren. Unter anderem die Einwanderungspolitik - weil Europa in den kommenden Jahren 50 Millionen neue Einwanderer brauche.
21.05.2013 01:40
Lesezeit: 1 min

Die Forderungen des französischen Präsidenten Francois Hollande nach einer Wirtschaftsregierung für Europa sind in Deutschland auf Widerstand gestoßen. Doch Italien unterstützt die Forderungen des französischen Präsidenten.

Erst Ende vergangene Woche wurde das Ende des Sparkurses angekündigt (hier). Der wichtigste Partner für Italien ist derzeit Frankreich. Und so unterstützt die italienische Regierung nun auch Hollande bei seiner Forderung nach den Vereinigten Staaten  von Europa.

Ich nehme die Vorschläge von Francois Hollande sehr ernst“, sagte die italienische Außenministerin Emma Boninno auf einer Pressekonferenz. Frankreichs Rufe nach einer Neuerzählung des Projektes Europa „macht mich sehr glücklich“. „Denn bis vor kurzem war es ein Tabu, auch nur über Änderungen der Verträge zu sprechen.“  Es sei aber offensichtlich, dass Hollandes Vorschläge zumindest eine Überprüfung wert seien, so Bonino:

„Wenn wir die Notwendigkeit für eine umfassende Neubewertung der Institutionen und Politik zulassen, dann gibt es Raum, um zu diskutieren, ob wir noch ein zwischenstaatliches Europa wollen (…) oder ein föderales.“

Unter der Überschrift „Jetzt oder nie!“ hat Bonino dem Corriere della Sera erklärt, welche Schritte gegangen werden müssen: Es muss eine gemeinsame europäische Idee, gemeinsame Forschung, gemeinsame Wirtschaftspolitik und eine gemeinsame Einwanderungspolitik geben: Europa brauche bis 2050 weitere 50 Millionen Einwanderer.

Bonino sagte, dass auch die Deutschen mitmachen werden: Sie zitiert Wolfgang Schäuble, der gesagt hatte, dass es eine gemeinsame Schuldenhaftung nur bei gleichzeitiger Aufgabe von nationaler Souveränität geben könne. Sie werde Schäuble beim Wort nehmen, sagte Bonino.

Bonino kennt sich mit den Strukturen in der EU bestens aus. Bonino war EU-Kommissarin in der bisher skandalösesten EU-Kommission unter Jacques Santer (mehr zu den unglaublichen Vorfällen um diese Amigo-Kommission – hier bei DMN). Santer mischt in der EU wieder aktiv mit: Er wurde zum Chef eines Special Purpose Investment Vehicle (Investmentvehikel) berufen, welches Mittel für den Rettungsschirm European Financial Stability Facility (EFSF) beschaffen soll.

Bonino ist eine schillernde Persönlichkeit. Sie war eine radikale Feministin, die sich einmal in New York verhaften ließ, weil sie sterilisierte Spritzen an Drogensüchtige verteilt hatte. Sie hat eine Zeit lang in Ägypten gelebt, um Arabisch zu lernen und die arabische Welt besser zu verstehen.

Beim Rücktritt der Santer-Kommission wurde sie zwar nicht ausdrücklich der Korruption überführt. Ein Bericht von mit der Aufklärung beauftragten Weisen bescheinigte ihr jedoch Unfähigkeit der Amtsführung. Ihre Amtsführung ist so schlecht gewesen, dass sie Romano Prodi nicht mehr in seine Kommission berufen hatte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik SPD-Spitze im Umbruch: Bas spricht von historischer Verantwortung
12.05.2025

Die SPD steht nach dem desaströsen Wahlergebnis von 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem umfassenden Neuanfang. In Berlin haben...

DWN
Politik
Politik Beamte in die Rente? SPD und Experten unterstützen Reformidee
12.05.2025

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas erhält Unterstützung aus der SPD für ihren Vorschlag, künftig auch Beamte, Selbstständige und...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell: Deutlicher Kursrutsch nach Zoll-Einigung zwischen USA und China – jetzt Gold kaufen?
12.05.2025

Der Goldpreis ist am Montagmorgen unter Druck geraten. Der Grund: Im Zollkonflikt zwischen den USA und China stehen die Zeichen auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall-Aktie bricht ein: Strategischer Umbau und politische Entwicklungen belasten – Chance zum Einstieg?
12.05.2025

Die Rheinmetall-Aktie ist am Montag eingebrochen. Nach dem Rheinmetall-Allzeithoch am vergangenen Freitag nehmen die Anleger zum Start in...

DWN
Politik
Politik Friedensoffensive: Selenskyj lädt Putin zu persönlichem Treffen in die Türkei ein
12.05.2025

Selenskyjs persönliches Gesprächsangebot an Putin in der Türkei und sein Drängen auf eine sofortige, 30-tägige Feuerpause setzen ein...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Entspannung im Handelskrieg? China und USA nach Genf optimistisch
12.05.2025

Bei ihren Zollgesprächen haben China und die USA nach Angaben der chinesischen Delegation eine „Reihe wichtiger Übereinstimmungen“...

DWN
Politik
Politik Hoffnung auf neue Gespräche: Putin bietet Verhandlungen mit Ukraine an
12.05.2025

Wladimir Putin schlägt überraschend neue Verhandlungen mit der Ukraine vor – doch Kiew und der Westen setzen ihn mit einem Ultimatum...

DWN
Technologie
Technologie Das Ende von Google? Warum SEO dennoch überleben wird
12.05.2025

Künstliche Intelligenz verändert die Online-Suche radikal – doch wer jetzt SEO aufgibt, riskiert digitalen Selbstmord.