Politik

Warum parken tausende Neuwagen heimlich in Bayern?

Die Aufträge der Autohersteller gehen zurück. Der Absatz von Neufahrzeugen läuft schleppend. Tausende Neufahrzeuge müssen ausgelagert werden, um neueren Modellen zu weichen, die den Markt beleben sollen.
09.04.2013 23:52
Lesezeit: 2 min

Der europäische Automarkt ist eingebrochen (mehr hier). Trotzdem melden Hersteller und Händler immer noch vergleichsweise gute Zahlen.

Man fragt sich unwillkürlich: Was passiert mit den Neufahrzeugen, die nicht verkauft werden können?

Für die Automobilhersteller ist der Wertverlust geringer, wenn die Autos nicht mit drastischen Rabatten verkauft, sondern irgendwo abgestellt werden. Im Grunde werden die Autos wie leere Büroflächen behandelt: Um den „Wert“ einer Immobilie nicht zu mindern, lassen Investoren das Gebäude lieber leerstehen und geben in ihren Büchern einen fiktiven Wert an, als die Büroflächen zu marktgerechten (also niedrigeren) Preisen zu vermieten.

Ein Bericht des US-amerikanischen Finanzblogs Zero Hedge legt nahe, dass in Deutschland auf einem Lager zehntausende „fast neuer Fahrzeuge“ gelagert werden. Niemand wisse, was mit den Fahrzeugen geschieht. Sie sollen, so schreibt Zerohedge, „niemals als billige Alternative in den Markt gelangen". Die Verknappung der Fahrzeugmasse garantiere zudem „hohe Preise auf dem Ersatzteile-Markt".

Bei dem Auto Park im Gewerbegebiet Probfeld bei Ingolstadt soll es sich (siehe Foto) in diesem Falle um Fahrzeuge der Marke Audi handeln. Auf Nachfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten über das Geschäftsmodell der dort ansässigen ATP Autoterminal Probfeld GmbH gab man sich unfreundlich-zugeknüpft.

Ein Recherche-Telefonat mit einem Mitarbeiter von ATP im Protokoll:

Was ist das Geschäftsmodell der ATP Autoterminal Probfeld GmbH. Können Sie mir da weiterhelfen?

Nein, das kann ich nicht.

Haben Sie denn vielleicht einen Ansprechpartner, der mir weiterhelfen könnte?

Ich bin Ihr Ansprechpartner, aber ich will ihnen die Frage nicht beantworten.

Gehört die ATP Autoterminal Probfeld GmbH zur Scherm-Gruppe?

„Ich will Ihnen dazu keine Auskünfte geben?“

Warum nicht?

„Unsere Kunden lassen das nicht zu.“

Wer sind denn Ihre Kunden?

„Das werde ich Ihnen nicht sagen, wir können das Gespräch an dieser Stelle beenden.“

Im Internet gibt es nur wenige Informationen über das Geschäftsfeld der ATP: Gemäß Branchenbezeichnung handelt es sich um einen „Betrieb eines Automobilumschlagterminals mit PKW-Lagerung, sonstige Transportdienste, Parkplätze und Parkhäuser.“

Update: Am 19.2.2014 erhielten wir einen Anruf der Firma ATP. Ein sehr freundlicher Mitarbeiter der Pressestelle sagte uns, dass er die schroffe Behandlung von vor einem Jahr bedaure und uns gerne Auskunft über das Wesen der gelagerten Autos gibt. Nach Angaben des Pressesprechers verhält sich die Lage wie folgt:

„Die Firma ATP Autoterminal Probfeld GmbH lagert Fahrzeuge zwischen. Dabei handelt es sich um die Zwischenlagerung von Neufahrzeugen vor der Kundenauslieferung und Gebrauchtfahrzeugen wie zum Beispiel Leasing-Rückläufer vor dem Weiterverkauf. In dieser Zeit werden verschiedene Dienstleistungen wie Inspektionen und andere Dienstleistungen an den Fahrzeugen durchgeführt – eine etwaige Verschrottung oder Langzeitlagerung („Autofriedhof“) wird nicht durchgeführt.“

Fahrzeugabstellplätze der sogenannten Fahrzeuglogistik (oder Fertigautologistik) sind in Deutschland zahlreich vorhanden. Sie werden als Pufferflächen der Automobilproduktionen, Zwischenlagerung bei Import/Export oder für Leasingfahrzeuge, die vom Hersteller zurückgekauft und als hochwertige Gebrauchtwagen weiterverkauft werden, verwendet.

Eine „heimliche Lagerung“ der Fahrzeuge findet schon allein angesichts der guten Sichtbarkeit des Geländes nicht statt. Die Anzahl an zwischengelagerten Fahrzeuge ist nicht zwangsläufig abhängig von Produktion und Absatz.“

Die Verschwiegenheit des Unternehmems erklärte der Pressesprecher so:  „Da die Firma mit wenigen bekannten Kunden arbeitet, ist eine öffentliche Darstellung unserer Leistungen als Vertriebsinstrument nicht notwendig. Wir verzichten deshalb weitestgehend auf Öffentlichkeitsarbeit, weswegen Sie nichts über die Firma ATP im Internet finden.“

Das verstehen wir. Der Pressesprecher sicherte uns zu, dass künftig Presseanfragen professionell und prompt bearbeitet werden.

Von unseren Lesern erfahren wir, dass der Donaukurier schon vor über zwei Jahren über die „Blechlawine vom Donaumoos" bei Probfeld berichtete.

Ein Leser macht uns darauf aufmerksam, dass es in der Nähe des Bahnhofs bei Waldenburg einen weiteren Lagerplatz geben soll.

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