Finanzen

Schweden schafft Bargeld ab: Notenbank warnt vor Chaos im Krisen-Fall

In Schweden treiben Banken und Handel die Abschaffung des Bargelds voran. Sogar Abba-Star Björn Ulvaeus soll helfen, dass Schweden die erste bargeldlose Nation wird. Doch die Notenbank steigt auf die Bremse: Sie fordert vom Handel Not-Konzepte für eine Krise – wenn Kreditkarten und andere elektronische Zahlungsmittel nicht mehr funktionieren.
13.12.2013 01:17
Lesezeit: 2 min

Kein Land der Welt ist bei der Abschaffung des Bargelds so weit wie Schweden: In dem Land, in dem 1661 die ersten Banknoten in Europa eingeführt wurden, wurden 2012 nur noch 2,7 Prozent aller Geldgeschäfte mit Bargeld getätigt. In der Euro-Zone sind es 9,8 Prozent, in den USA 7,2 Prozent.

Die Abschaffung des Bargelds ist ein wichtiger Baustein in der Abschaffung der Privatsphäre: Mit dem Argument der Steuerflucht arbeiten Staaten und Banken darauf hin, dass alle Kontobewegungen der Bürger weltweit jederzeit überprüfbar sind. Wesentliche Schritte zur Abgleichung der Steuerdaten wurden auf dem G-20-Gipfel gesetzt (mehr dazu hier).

Die Schweden sind immer wieder die Avantgarde für Experimente: So diskutieren die Schweden über die Abschaffung der Geschlechter und wollen die Begriffe „Er“ (Mann) und „Sie“ (Frau) durch „Hen“ (Es) ersetzen.

Das ist das ideale Umfeld für die Abschaffung des Bargelds.

Hen. Das geschlechtsneutrale Zahlungsmittel.

Erst kürzlich haben in Stockholm die Obdachlosen-Zeitungen beschlossen, ihre Blätter auch gegen Kreditkarten zu verkaufen, berichtet die Washington Post.

Für Aufsehen sorgte der Abba-Komponist Björn Ulvaeus, der im Jahr 1976 mit seinem Lied „Money, Money“ berühmt geworden war. Er hat veranlasst, dass das Abba-Museum ab sofort überhaupt kein Bargeld mehr annimmt. In einem Manifest erklärt Ulveaus, dass Bargeld eine völlig unzeitgemäße Form der Bezahlung sei. Bargeld schütze nur die Schattenwirtschaft und die Hehler. Sein Sohn habe neulich in seinem Appartement Einbrecher überrascht. Diese wäre nicht gekommen, wenn es kein Bargeld mehr gäbe. Denn sie hätten die gestohlenen Gegenstände nirgends mehr schwarz verkaufen können. Daher hoffe er, dass Schweden zum ersten Land der Welt wird, in dem das Bargeld komplett abgeschafft wird.

Doch die schwedische Notenbank steigt nun überraschend auf die Bremse. In einer Studie hat sie, wie die NZZ berichtet, die Behörden aufgefordert,

„dass die Behörden die Rolle des Bargeldes als legales Zahlungsmittel überdenken müssen und überlegen sollten, wie Zahlungen im Handelssektor in einer Krisensituation durchzuführen sind. Der Handel müsse Strategien bereithalten, um einer plötzlich wieder steigenden Nachfrage nach Bargeld begegnen zu können. Gleichzeitig müsse er zusammen mit Behörden und Technologie-Anbietern eine ausgeklügelte Krisenbereitschaft entwickeln, um gegen Stromausfälle, Computer-Crashs und Hackerangriffe gerüstet zu sein.“

Die Notenbank hat offenbar Indizien dafür, dass das Misstrauen der Schweden gegen die bargeldlose Gesellschaft steigt. Erst kürzlich hatten Rentner in Stockholm gegen die zwangsweise Abschaffung des Bargelds protestiert (hier).

Offenbar ist der entscheidende Punkt, den Abba-Musiker Ulvaeus übersieht, den meisten Schweden sehr wohl bewusst: Der gefährlichste Einbrecher kommt nicht nachts durch das Wohnzimmerfenster.

Er sitzt in den Glaspalästen der Banken sowie der angeschlossenen Regierungs- und Regulierungs-Einrichtungen.

Ein effizienter Schutz gegen den Zugriff über das Wochenende (hier) ist Bargeld.

Die Überlebensregel gilt von Zypern bis ans Nordkap.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Arbeitsmarkt: Top-Berufe, die es vor 20 Jahren noch nicht gab
31.03.2025

Eine Studie von LinkedIn zeigt, wie Künstliche Intelligenz (KI) neue Jobs und Fähigkeiten schafft, Karrieren und Arbeitswelt verändert:...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie: Kurs knickt nach Orcel-Aussage deutlich ein
31.03.2025

Die Commerzbank-Aktie muss nach einer starken Rallye einen Rückschlag hinnehmen. Unicredit-Chef Andrea Orcel hatte zuvor einen möglichen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU vor Herausforderungen: Handelskriege könnten die Wirtschaft belasten – der Ausweg heißt Binnenmarkt
31.03.2025

Die protektionistischen Maßnahmen der USA und mögliche Handelskonflikte belasten die EU-Wirtschaft. Experten wie Mario Draghi fordern...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Betonblock: Lego verklagt Hersteller von Anti-Terror-Betonklötzen
31.03.2025

Lego verklagt das niederländische Unternehmen Betonblock. Die Anti-Terror-Blöcke des Herstellers erinnerten zu sehr an die...

DWN
Technologie
Technologie Neue EU-Vorschriften: Plug-in-Hybriden drohen deutlich höhere CO2-Emissionen
31.03.2025

Mit der Einführung neuer, verschärfter Emissionsmessungen für Plug-in-Hybride (PHEVs) wird die Umweltbilanz dieser Fahrzeuge erheblich...

DWN
Politik
Politik Marine Le Pen wegen Veruntreuung zu Fußfesseln verurteilt - FN-Chef Bardella: "Hinrichtung der französischen Demokratie"
31.03.2025

Marine Le Pen wurde in Paris wegen der mutmaßlichen Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament schuldig gesprochen - das...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerk mit Speicher: Für wen sich die Investition wirklich lohnt
31.03.2025

Balkonkraftwerk mit Speicher: eigenen Strom gewinnen, speichern und so Geld sparen. Doch so einfach ist es leider nicht, zumindest nicht...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Der Handelskrieg gefährdet die US-Ausnahmestellung
31.03.2025

Da Investitionen nach neuen Möglichkeiten abseits der zuletzt florierenden US-Finanzmärkte suchen, wird an der Wall Street diskutiert, ob...