Politik

Pensionsfonds: Brandenburg hat mit Zypern-Bonds spekuliert

Das Land Brandenburg hat Teile der Pensionsfonds für seine Beamten in Zypern, Irland, Portugal, Spanien und den Cayman-Islands angelegt. Verantwortlich dafür ist ein Politiker von der Partei Die Linke.
23.03.2013 23:50
Lesezeit: 2 min

Die Zypern-Krise bereitet auch den Politikern in Potsdam Sorgen. Nicht so sehr wegen der Gefahr für die Europäische Einheit. Der brandenburgische Finanzminister Helmuth Markov von der Partei Die Linke hat nach Angaben des RBB 98 Prozent des 260 Millionen schweren Pensionsfonds für die Beamten des Landes im Ausland angelegt. Markov bestätigte dem Sender, dass darunter auch Staatsanleihen von Zypern sind: „etwa“ 1,9 Millionen sollen es sein. Markov sagte, er sei sicher, dass der Wert dieser Staatsanleihen bis zu ihrem Ablaufdatum 2013 wieder nach oben gehen werde.

Markov hatte seine Vermögensverwalter angewiesen, Renditen von mindestens zwei Prozent über der Inflations-Rate zu erzielen. Markov sagt, der Landtag habe dieser Anweisung zugestimmt. Trotz der Finanzkrise habe diese Anweisung bis ins vergangene Jahr gegolten.

Markov hat aber die Renten der Beamten nicht nur in Zypern angelegt: Auch Irland, Spanien, Portugal sowie die Steuer-Oase Cayman-Islands finden sich im Portfolio.

Ein Sprecher von Markov sagte, dass 78 Prozent der Anleihen ein „Rating von A oder besser“ haben. Im Umkehrschluss bedeutet das: 22 Prozent der Anliehen, in die das Land Brandenburg investiert hat, haben ein schlechteres Rating als A. Damit können sich die Beamten über 57,2 Millionen Euro aus ihren künftigen Renten Gedanken machen.

Die Potsdamer Neuesten Nachrichten erklären den Hintergrund dieses Anlage-Verhaltens:

Tatsächlich wurden die Erwartungen bei den Zinseinnahmen übertroffen, wie aus dem Bericht des Ministeriums über die Entwicklung des Versorgungsfonds für Landesbeamte 2012 hervorgeht. Statt 6,1 Millionen Euro wurden 6,9 Millionen Euro an Zinsen aus dem seit 2009 von 238 auf 290 Millionen Euro angewachsenen Versorgungsfonds eingenommen. Auch bei den Einnahmen aus fällig gewordenen Anlagen lag Brandenburg im Plus. Statt der eingeplanten 11,25 Millionen Euro nahm das Land 28,6 Millionen Euro ein.

Der Grund für diesen Irrsinn liegt in der wirtschaftlichen und demographischen Realität in Brandenburg: Dem Land fehlen die Einnahmen aus der Realwirtschaft. Zugleich werden die Beamten immer älter, wegen der Baby-Boomer-Jahrgänge gehen zudem viel mehr Beamte in Rente.

Daher muss das Land auf Teufel komm’ raus Geld auftreiben. Was bietet sich da Besseres an als ein Gang ins Kasino.

Der Fall zeigt auch, wie wohlfeil die Kritik insbesondere der Linken am Finanz-Kasino ist: Ihre eigenen Leute sitzen am Spieltisch in der ersten Reihe.

Die Anlagen in der Steueroase Cayman Island bezeichnet die Opposition in Potsdam als „problematisch“. Diese Verharmlosung kann wohl nur bedeuten, dass man im Grunde nichts daran findet – so lange es gutgeht.

Tatsächlich zeigt die Verwendung der Pensions-Fonds für Spekulations-Geschäfte, dass es sich bei der aktuellen Euro-Krise um eine massive System-Krise handelt: Die Politiker wollen den Bürgern die Wahrheit nicht sagen. Sie retten sich von einem Jahr zum nächsten, in der aberwitzigen Hoffnung, dass schon nichts schiefgehen werde. Sie berufen sich in ihren Entscheidungen auf die Rating-Agenturen, deren Macht sie in der nächsten Sonntags-Rede beschneiden wollen. Die Finanzwirtschaft ist der Komplize dieser Politik. Sie kann mit einigem Recht erwarten, dass die Herrschaften aus Brandenburg das Kleingedruckte nicht gelesen haben.

Man muss zur Vernichtung der Ersparnisse der Deutschen nicht auf den großen Crash oder die Inflation warten. Die Arbeit besorgen biedere Politiker, denen das große Rad der Geldvermehrung nicht groß genug sein kann – die jedoch von den Haifischen in der Finanzindustrie am Ende mit Genuss verspeist werden.

Markov ist 1973 in die SED eingetreten. 1994 schrieb der Spiegel über Markov, dass dieser immer noch Marxist sei, für seine Unternehmerverband Owus „gesunden Lobbyismus“ für richtig hält und „in bester Unternehmermanier über die Last der Lohnnebenkosten lamentiert“.

Seine Unternehmererfahrungen dürften Markov jedoch nicht reichen, um an den in internationalen Finanzmärkten mitzumischen. Er hätte das auch gar nicht nötig, nimmt er doch ohnehin schon zukunftsträchtige Funktionen in renommierten Technologie-Projekten wahr: Markov ist als Finanzminister von Brandenburg Aufsichtsrat im internationalen Vorzeige-Objekt seiner Region: Dem Flughafen Berlin Brandenburg International (BER).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Landtagswahlen Baden-Württemberg 2026: AfD liegt vor den Grünen – eine Partei gewinnt noch mehr
09.05.2025

Die AfD überholt erstmals laut Insa-Umfrage die grüne Partei in Baden-Württemberg, die seit 13 Jahren regiert und die größte...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...