Politik

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN)

Dr. Konstantin von Notz (Bündnis 90 / Die Grünen) ist Bundestagsabgeordneter. Er ist Mitglied im Innenausschuss, im Gremium nach § 23c Absatz 8 des Zollfahndungsdienstgesetzes und in der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft. Außerdem ist er stellvertretendes Mitglied im Rechtsausschuss, im Ausschuss für Kultur und Medien und im Unterausschuss Neue Medien (Unterausschuss des Ausschusses für Kultur und Medien).
16.09.2013 01:55
Lesezeit: 2 min

Welchen Weg soll die EU einschlagen: Mehr Abgabe von Souveränität an Brüssel oder Rückgabe von Souveränität an die Nationalstaaten, wie von den Briten gefordert?

Mehr Europa heißt für uns nicht, dass die EU oder gar Brüssel in Zukunft alles regeln soll. Wir wollen, dass auf der Ebene entschieden wird, die bei der jeweiligen Herausforderung am besten, bürgernah und mit der höchsten Legitimität agieren kann. Ein starkes Europa steht für uns weder in Konkurrenz noch im Widerspruch zu handlungsfähigen Kommunen, Regionen, (Bundes-)Ländern und Nationalstaaten. Es kommt vielmehr darauf an, dass die unterschiedlichen Ebenen zusammenarbeiten. Dies bedeutet für die Praxis, dass die europäischen Institutionen viel stärker und früher als bisher alle politischen Ebenen durch Anhörungs- und Einflussrechte in die eigene Gesetzgebung einbinden sollen. Gleiches gilt für die nationale Ebene, die in vielen Fällen europäische Vorgaben in die nationalstaatliche Gesetzgebung implementiert und die Kriterien für die Vergabe von EU-Mitteln mitbestimmt. Das bedeutet auch, dass Kompetenzverlagerung keine Einbahnstraße ist. So wie es in vielen Bereichen sinnvoll ist, mehr Souveränität nach Europa zu verlagern, so lassen sich manche Bereiche besser national, regional oder lokal regeln. Deshalb sind wir grundsätzlich dafür, Kompetenzen auf untere Ebenen zurückzugeben, wenn es sachlich sinnvoll erscheint – auch das gehört zum Prinzip der Subsidiarität.

Soll es eine gemeinsame Haftung für die Schulden geben, oder soll jeder Nationalstaat für seine eigenen Schulden haften?

Einerseits birgt eine gemeinsame Haftung für Schulden die Chance, die Finanzmärkte zu beruhigen und die Zinslasten zu senken. Andererseits besteht bei einer bedingungslosen gemeinsamen Haftung aber auch das Risiko, die falschen Anreize für nationale Regierungen zu setzen. Daher haben wir uns nur für den Bereich der Altschulden für einen Altschuldentilgungsfonds mit gemeinsamer Haftung der Euro-Staaten (Modell des Sachverständigenrates) entschieden. Für neue Schulden sollen die Länder weiterhin selbst haften. Die Voraussetzung für eine dauerhafte Lösung der Eurokrise ist eine gemeinsame und koordinierte Wirtschafts- und Finanzpolitik in Europa. Wenn diese geschaffen ist, können gemeinsame europäische Anleihen allen europäischen Ländern nutzen.

Sparen geht am besten durch effizienten Einsatz von Steuergeldern. Sind Sie dafür oder dagegen, dass Behörden und Politiker, die nachweislich Steuergelder verschwendet haben, dafür auch bestraft werden sollen, etwa durch ein Bußgeld?

Bei nachgewiesener grober Fahrlässigkeit, z.B. wenn Ergebnisse von Ausschreibungsverfahren ignoriert werden, ist eine Bestrafung der Verantwortlichen sinnvoll. Bei politischen Entscheidungen ist eine Strafbarkeit aber grundsätzlich schwierig. Nehmen wir das Betreuungsgeld als Beispiel. Aus Grüner Sicht handelt es sich um eine Verschwendung von 1,2 Mrd. Euro Steuern pro Jahr. Wiederholt haben die EU-Kommission, die OECD und wissenschaftliche ExpertInnen darauf hingewiesen, dass Regelungen wie das Betreuungsgeld die Nichterwerbstätigkeit von Frauen fördern und deshalb kontraproduktiv sind. Die Koalition hat das Betreuungsgeld trotzdem eingeführt und ignoriert damit den einhelligen Rat der Experten. Trotzdem wäre eine Strafbarkeit im juristischen Sinne hier unangebracht. Es handelt sich um eine politische Entscheidung, über die zusammen mit anderen im Rahmen von Wahlen abgestimmt werden muss. Dafür gibt es im September die Bundestagswahl!

Was die Ausgaben des Bundes betrifft: Wir GRÜNE haben Einsparvorschläge im Bundeshaushalt im Milliardenhöhe vorgelegt. Zum Beispiel wollen wir auf teure und unsinnige Rüstungsprojekte verzichten und die Bundeswehr weiter verkleinern.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

DWN
Finanzen
Finanzen Flat Capital-Aktie: Trotz Beteiligungen an OpenAI und SpaceX überbewertet?
04.07.2025

Flat Capital lockt mit Beteiligungen an OpenAI, SpaceX und Co. Doch die Risiken steigen, Insider warnen. Ist die Flat Capital-Aktie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Stromsteuersenkung: Wirtschaftsverbände kritisieren Merz für gebrochene Zusage
04.07.2025

Die Entscheidung der Bundesregierung zur Stromsteuersenkung sorgt für Aufruhr. Wirtschaftsverbände fühlen sich übergangen und werfen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China-Zölle auf EU-Weinbrand kommen nun doch – das sind die Folgen
04.07.2025

China erhebt neue Zölle auf EU-Weinbrand – und das mitten im Handelsstreit mit Brüssel. Betroffen sind vor allem französische...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gaspreise steigen wieder: Was das für Verbraucher und Unternehmen bedeutet
04.07.2025

Nach einem deutlichen Preisrückgang ziehen die europäischen Gaspreise wieder an. Was das für Verbraucher und Unternehmen bedeutet –...

DWN
Panorama
Panorama Schwerer Flixbus-Unfall auf der A19 bei Röbel: Was wir wissen und was nicht
04.07.2025

Ein Flixbus kippt mitten in der Nacht auf der A19 bei Röbel um. Dutzende Menschen sind betroffen, ein Mann kämpft ums Überleben. Noch...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Solarausbauziel in Deutschland bis 2030 zur Hälfte erfüllt
04.07.2025

Deutschland hat bereits einen großen Schritt in Richtung Solarenergie gemacht – doch der Weg ist noch weit. Trotz beachtlicher...

DWN
Politik
Politik One Big Beautiful Bill: Das steckt hinter Trumps Steuererleichterungen
04.07.2025

Am amerikanischen Unabhängigkeitstag setzt Donald Trump ein innenpolitisches Zeichen: Mit dem "One Big Beautiful Bill" will er seine...

DWN
Panorama
Panorama Waldbrand Sachsen: Gohrischheide - über 1.000 Einsatzkräfte im Einsatz
04.07.2025

Hitze, Trockenheit und starker Wind: In Sachsen und Thüringen kämpfen Einsatzkräfte gegen massive Waldbrände. Besonders die...